Die Aufsteigerin
Eher durch Zufall startete Beatrix Grobbauer einst bei Bosch – damals ohne Industrieausbildung, Studium oder andere Branchenqualifikationen. Doch im Laufe der Jahrzehnte legte die Österreicherin eine erstaunliche Karriere hin.
Als Beatrix Grobbauer vor gut 37 Jahren bei Bosch anfing, spielte der Konzern zunächst eine ungewohnte Rolle im Leben der Österreicherin: gewissermaßen die einer Zufluchtsstätte.
Grobbauer, damals 18, frisch ausgestattet mit einer Ausbildung im Gastrogewerbe und voller Träume, stand in diesen Wochen Anfang 1985 an der ersten Wegscheide ihres Lebens. Groß geworden vor dem majestätischen Alpenpanorama in Oppenberg, einem 300-Seelen-Dorf in der österreichischen Steiermark, fühlte sie sich daheim unwohl, unter Druck gesetzt. Nicht nur von ihrem damaligen Freund, der schnell heiraten und Kinder kriegen wollte. Sondern auch von der Erwartungshaltung der Familie, die davon ausging, dass die Tochter künftig regelmäßig im heimischen Gastrobetrieb mithelfen würde.
In Grobbauer rumorte es. So früh Fakten schaffen? Wollte sie eigentlichnicht. Sie wollte: hinaus in die Welt. Einige Wochen ließ sie sich Zeit für eine Entscheidung, dann stand ihr Entschluss. An einem Tag Ende Januar nahm sie ihren roten Koffer aus dem Schrank, ging zum Bahnhof, holte ein Ticket ohne Rückfahrschein, stieg in einen Zug. Ein neues Leben musste her, es begann in diesem Moment.
Die junge Frau fuhr in die Nähe von Plochingen bei Stuttgart, dort, wo auch ihr Vater lebte. Aber diesmal war es kein Ferienabstecher, diesmal blieb Grobbauer. Sie machte sich auf die Suche nach einem Job, erfuhr, dass Bosch in Plochingen Hilfskräfte für die Produktion suchte. Also klopfte sie am Werkseingang an ein Glasfenster, fragte beim Pförtner nach dem Personalbüro. Sie bekam ein Vorstellungsgespräch, am 19. März 1985 fing sie in der Elektronikfertigung als Bestückerin und Nachlöterin an.
Aufstieg nach 22 Jahren
Die Geschichte von Beatrix Grobbauer, inzwischen 55, ist auch die eines unverhofften Aufstiegs, möglich geworden durch Mut, Zielstrebigkeit und das Vertrauen ihrer Chefs. Nach fast vier Jahrzehnten im Konzern führt sie inzwischen im österreichischen Hallein ein Team und verantwortet den Zoll- und Außenhandel im Bereich Governance und Operation für Österreich, Rumänien, Bulgarien und Kroatien.
Der Weg nach oben war steinig. Grobbauer arbeitete in Plochingen lange in der Fertigung, später auch als Sachbearbeiterin im Verkauf, dann im Lager und wieder in der Produktion. Der Drang, sich weiterzuentwickeln, sei immer groß gewesen. „Ich habe fast jede Chance genutzt, wollte immer vorwärtskommen.“ Sie engagierte sich als Betriebsrätin, machte Ausbildungen zur Betriebs- und Rettungssanitäterin.
Im Job dauerte es lange bis zur ersten Beförderung auf eine Leitungsstelle – auch, weil ihr ein Uniabschluss oder eine Industrieausbildung fehlten. Christian Privat, heute kaufmännischer Leiter des Waiblinger Werks, war das egal: Er erkannte kurz nach seinem Antritt als Logistikchef in Plochingen Führungsqualitäten bei Grobbauer – und bot der alleinerziehenden Mutter 2007 die Stelle als Teamleiterin für den Versand und den Wareneingang an, später kam die Zuständigkeit für den Zoll dazu. Dass Letzterer für Grobbauer Neuland war, brachte ihn davon nicht ab – er setzte Vertrauen in die entschlossen und durchsetzungsstark auftretende Frau.
„Es ist wichtig, Ziele zu haben und daran festzuhalten“
Einst "Mädchen für alles"
Grobbauer belegte Seminar um Seminar, arbeitete sich über Monate in die Materie ein und ergatterte alle nötigen Qualifikationen – fachlich und für ihre Rolle als Führungskraft. Sie sagt: „Ohne die erste Förderung durch Christian Privat wäre eine Karriere in dieser Form nicht machbar gewesen. Aber wenn man zielstrebig ist und hart arbeitet, ist vieles möglich.“ Der Ex-Chef lobt, Grobbauer habe schnell gelernt und sich vom „Mädchen für alles“ in der Produktion zu einer Verantwortungsträgerin entwickelt.
2012 wechselte Grobbauer nach Hallein, bekam neben der Zoll-Verantwortung fürs Werk auch schnell jene für ganz Österreich, später die für weitere Länder. „Es ist wichtig, Ziele zu haben und daran festzuhalten“, sagt Gruppenleiterin Grobbauer. Und rät anderen, sich im Zweifel auch auf Stellen zu bewerben, die von den formalen Anforderungen her nicht ganz passen. Ihre Botschaft: „Traut euch auch mal Dinge zu, die ihr gar nicht für möglich haltet!“