Ein halbes Jahrhundert bei Bosch

Herbert Uhl kann durchaus als Urgestein bei Bosch bezeichnet werden. Am 1. September 2020 feiert er sein 50-jähriges Dienstjubiläum. Gemeinsam mit Herbert Uhl blicken wir auf das letzte halbe Jahrhundert zurück.
Vom Koch zum Controller
Eigentlich wollte Herbert Uhl Koch werden. Auf Bosch ist er nur zufällig durch eine Betriebsbesichtigung aufmerksam geworden. Seinen ersten Arbeitstag als Lehrling zum Großhandelskaufmann hatte Herbert Uhl am 1. September 1970 in der Geiereckstraße in Wien. „Ich war irrsinnig nervös, wie ich da neben der Bronzebüste von Robert Bosch gewartet habe, dass mich jemand abholt.“ Begonnen hat Herbert Uhl seine Karriere in der IT. Das war für ihn wie Science Fiction, wie er selbst sagt. Dass Herbert Uhl schon immer fleißig und strebsam war, zeigt auch, dass er 1973 von der Wirtschaftskammer Österreich zu einem der besten Lehrlinge Wiens ausgezeichnet wurde. Obwohl er sich selbst für die damaligen Verhältnisse als faulen Jugendlichen bezeichnen würde.
Nach der Lehrzeit war für ihn klar, dass es ihn in die Buchhaltung zieht – damals noch ohne Computer und E-Mails, dafür aber mit Lochkarten, Buchungsautomaten, Blaupausen, einer Rohrpostanlage und unzähligen Ordnern. „20 Frauen sind damals an den Lochkarten gesessen und haben diese tonnenweise abgearbeitet. In der Nachtschicht wurden die dann gemischt und am nächsten Tag gab es den Umsatzbericht. Das Schlimmste war, wenn es eine Lochkarte zerfetzt hat. Dann mussten wir diese mühsam wieder nachbauen.“ Der erste PC kam erst 1989.
Herbert Uhl war damals erheblich am Aufbau des internen Rechnungswesens und des Controllings beteiligt. Vor allem nach der Übernahme der Elektro-Diesel Handels AG durch Bosch gab es große Herausforderungen zu bewältigen. „Ein straffes Termingeschäft, die Wirtschafsplanung nach Bosch-Vorgaben und die erste Konzernrevision. In dieser Zeit habe ich sehr viel aus den Bosch-Richtlinien für das Controlling und Reporting gelernt.“ Viel gelernt hat Herbert Uhl auch bei seinen berufsbegleitenden Fortbildungen – neben der Ausbildung zum Bilanzbuchhalter hat er auch den Controllerlehrgang absolviert.

Einige Jahre später wurde ihm der Posten als Gruppenleiter angeboten. „Ich habe mir vorgenommen, nie etwas zu versprechen, das ich nicht einhalten oder selbst beeinflussen kann.“ Viel mehr stand für ihn die Unterstützung von Visionen und Wünschen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vordergrund. „Es ist sehr schön zu sehen, wie sich junge Menschen entwickeln und was sie bewegen können.“ Ein Aufenthalt im Ausland war für Herbert Uhl kein Thema. „Ich wusste, dass ich damit nicht so groß Karriere machen kann, aber das hat für mich so gepasst.“ Auch ein Wechsel in ein anderes Unternehmen stand für ihn nicht zur Debatte. „Natürlich habe ich auch mal meinen Wert am Arbeitsmarkt geprüft, aber es hat für mich hier einfach alles gepasst – die Kollegen, die Werte des Unternehmens, die Aufgaben.“
14 Vorstände in 50 Jahren
Im Laufe seiner Karriere hat Herbert Uhl mit 14 Vorständen zusammengearbeitet. „In den ersten Jahren war alles sehr hierarchisch und man hat die Vorstände nur bei den Jubilarsfeiern oder zufällig im Aufzug getroffen. Das hat sich sehr stark verändert.“ Einige Unterhaltungen mit den obersten Chefs wird Herbert Uhl so schnell nicht vergessen – unter anderem ein Vorstand, der ihm eines Tages scherzend den Monatsbericht zurück durch das Büro warf. Viel zu klein sei die Schrift und das könnten die Herren „da oben“ nicht lesen. Man konnte gemeinsam über so manch penible Anforderung lachen. Die Zusammenarbeit war geprägt von vollstem Vertrauen zwischen Controlling und Vorstand und die Gespräche mit den obersten Chefs waren dabei stets auf Augenhöhe und respektvoll.
„Wir haben viel gelacht. Unser Job war sehr ernst, wir mussten die richtigen Entscheidungen treffen. Aber wir hatten es auch sehr lustig.“ Highlights gab es für Herbert Uhl viele. Allen voran die Menschen, mit denen er zusammengearbeitet hat.

„Wir waren immer ein kleines Team, wie eine Familie. Mit einigen Kolleginnen und Kollegen habe ich fast 30 Jahre zusammengearbeitet.“
Aufbruch in neue Terrains
Die letzten Jahrzehnte stehen für schnellen wirtschaftlichen Wandel, dem sich das Unternehmen stellen musste. Als Herbert Uhl vor 50 Jahren seine Bosch-Karriere begann, war die Niederlassung in Wien ein reines Handelsunternehmen. „Es gab hier nur vier kaufmännische Akademiker und einige technische Ingenieure, der Großteil waren Kolleginnen und Kollegen mit Lehrabschluss.“ Von Wien aus wurden Verbindungsbüros in Osteuropa errichtet. „Eine tolle Entwicklung! Wir haben den Grundstein für diesen Erfolg gelegt – heute sind in Ungarn über 15.000 Mitarbeiter beschäftigt.“
„Es ist irre, was sich in den letzten 50 Jahren alles getan hat.“ Abspaltungen, die Gründung der BSH, die Neuordnung der Vertriebsstrukturen oder auch den Verkauf der Telekommunikationssparte. „Im Telekommunikationsbereich Mobile Endgeräte gab es damals Margen, die kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Innerhalb kurzer Zeit haben sich allerdings die Kundenstruktur und der Markt so stark verändert, dass es nicht mehr wirtschaftlich war und die Sparte verkauft wurde.“

Herbert Uhl hat viele Krisen und Veränderungen im Unternehmen erlebt. Wie man diese schwierigen Zeiten gut meistert? „Eine gut gefüllte Werkzeugkiste hilft!“ Mit dem richtigen Werkzeug ist man gut gewappnet. Das gilt laut Herbert Uhl auch für Krisen und Veränderungen. „Mit einem umfangreichen Wissen und unterschiedlichen Fähigkeiten kann man sich auf die neuen Anforderungen gut einstellen.“
„Ich finde es gut, dass die jungen Leute heute zuerst eine gute Ausbildung machen und dann Erfahrungen in unterschiedlichen Unternehmen sammeln, bis sie dann ein Unternehmen gefunden haben, in dem sie Karriere machen wollen. Damals – vor 50 Jahren – musste man akzeptieren, dass die Älteren das Sagen haben.“ Junge Führungskräfte waren damals nur schwer vorstellbar. Heute ist das anders und so hat auch Herbert Uhl seine Aufgaben an eine junge Kollegin übergeben. „Ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Die jungen Leute müssen ihren eigenen Weg finden und die Dinge auch anders machen. Sonst hätte ja ich etwas falsch gemacht.“
Neue Aufgaben
Sein 50-jähriges Dienstjubiläum will Herbert Uhl im kleinen Kreis mit Kolleginnen und Kollegen feiern. Bereits 2017 hat er sich in die passive Phase der Altersteilzeit verabschiedet. „Nach der schönen Verabschiedung im Unternehmen hat es lange gedauert, bis ich mich lösen konnte. Die Menschen fehlen.“ Inzwischen hat Herbert Uhl neue Aufgaben und Hobbys gefunden – unter anderem die Steuererklärungen der Verwandten und die Paradeiser in seinem Garten.

Wir gratulieren Herrn Uhl zu seinem 50-jährigen Dienstjubiläum und bedanken uns für die gemeinsame Reise durch das letzte halbe Jahrhundert bei Bosch in Österreich.