Markus Wolf über Brennstoffzellen

Mit der Serie #TalkNerdyToMe stellen wir Fachleute aus verschiedenen Bereichen vor und geben einen Einblick in ihre Arbeit. Diesmal sprechen wir mit Markus Wolf, Experte für die Entwicklung brennstoffzellenbasierter Antriebe mit Wasserstoff bei Bosch.
Hallo Markus! Kannst du uns etwas über die Wasserstoff-Brennstoffzelle erzählen?
Im PKW-Bereich haben sich Elektroautos als Alternative zum Verbrennungsmotor bereits erfolgreich durchgesetzt. Als neueste Antriebsart stehen derzeit Wasserstoff-Brennstoffzellen im Fokus der Entwicklungsabteilungen. Aufgrund eines komplexeren Systems mit mehr Komponenten sind die Kosten der Brennstoffzellen deutlich höher als bei reinen Elektroautos. Dadurch eignet sich diese Antriebsmethode vorerst eher für Lastkraftfahrzeuge, landwirtschaftliche Maschinen oder Baustellenfahrzeuge – und weniger für normale PKWs.
Am Bosch Standort in Wien arbeiten wir bereits seit 2018 daran. Im kommenden Jahr sollen die von uns entwickelten Wasserstoff-Brennstoffzellen in mehreren Fahrzeugen zum Einsatz kommen.
Warum ist das Thema wichtig für die Zukunft?
Brennstoffzellen haben nicht nur gegenüber Verbrennungsmotoren Vorteile, sondern auch gegenüber den batterie-elektrischen Fahrzeugen: Sie erreichen viel größere Reichweiten mit wesentlich kürzeren Tankzeiten. Außerdem haben Brennstoffzellen kleinere Batterien, wodurch die Energiebilanz besser ist.
Das Thema ist ebenso aus ökologischer Sicht wichtig, weil die entwickelte Brennstoffzelle ein Stromlieferant ist und mit Wasserstoff als Kraftstoff angetrieben wird. Der Wasserstoff reagiert in einem chemischen Prozess mit dem Sauerstoff aus der Luft. Dabei wird die gespeicherte Energie in elektrische Energie umgewandelt. Die benötigte Energie wird somit nicht extern zugeführt, sondern direkt im Fahrzeug umgewandelt. Als „Abfallprodukt“ entsteht nur Wasser – es gibt keinen CO2-Ausstoß und keine Abgase.
Was fasziniert dich an dem Thema am meisten?
Mir gefällt, dass wir an einem neuen Produkt arbeiten. Da wir aktuell noch gar nicht wissen, was am besten funktioniert, müssen wir uns unterschiedliche Lösungsansätze überlegen und diese testen. Nach erfolgter Durchführung betrachten wir die Messungen, analysieren diese und entscheiden, welcher Lösungsweg unseren Anforderungen am gerechtesten wird. Teil von einem so zukunftsweisenden Projekt zu sein, macht mich besonders stolz.
Was macht Bosch in diesem Bereich?
Wir haben eine Vision: Aktuell leben wir noch im Zeitalter der fossilen Brennstoffe, doch Wasserstoff hat sehr viel Zukunftspotenzial, den CO2-Ausstoß zu reduzieren.
Oft wird nur von Wind- oder Sonnenkraft gesprochen. Diese Energiequellen sind jedoch sehr stark von äußeren Umständen abhängig, wodurch man die gewonnene Energie nicht durchgängig sicherstellen kann.
Wasserstoff hingegen ist eine Ressource, die sehr gut speicherbar ist. Um die Zukunft in die richtige Richtung zu treiben, stellt die Entwicklung der Wasserstoff-Brennstoffzellen einen wichtigen Aspekt bei Bosch dar.
Was hat dein Job mit dem Thema zu tun?
Ich selbst bin Software-System-Designer. Mein Team und ich sind zuständig für die Anwendersoftware und sind somit die Schnittstelle zwischen Software-Entwicklung und System-Entwicklung. Wir sorgen dafür, dass alle Komponenten zusammenspielen und die Brennstoffzelle „lebt“. Es geht dabei um die Kommunikation mit allen Steuergeräten im Fahrzeug, also zum Bespiel, dass die Wasserstoffversorgung aufgedreht und die Luftmenge eingestellt wird, oder dass das System im richtigen Temperaturbereich arbeitet.
Wir arbeiten sehr international – weltweit sind insgesamt etwa 150 Leute in der Entwicklung des Brennstoffzellenantriebs involviert. Ich arbeite mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland und Indien zusammen, wo wir die Kundenanforderungen umsetzen. In Rumänien werden die Systemtests durchgeführt und unsere Pilotkunden sitzen in China und den USA.
Was muss man für deinen Job können?
Die Basis stellt natürlich eine technische Ausbildung dar, wo man auch einige Programmierkenntnisse mitbringt. Zudem sollte man sich für neue Themen begeistern können und eine schnelle Auffassungsgabe haben. Es ist auch spannend, wenn man sich selbst für alternative Antriebsformen und Trends im Automotive-Bereich interessiert. Aufgrund der internationalen Zusammenarbeit braucht es auf der einen Seite gute Englischkenntnisse und auf der anderen Seite Softskills wie Offenheit, Kommunikationsstärke und Teamfähigkeit.
Welches Buzzword kannst du nicht mehr hören?
„Agil“ ist hier sicher vorne mit dabei. Leider wird das Wort sehr inflationär eingesetzt. Ich habe das Gefühl, es kommt dann zum Einsatz, wenn alle anderen Stricke gerissen sind.
Erzähl uns eine Anekdote aus deiner Bosch-Zeit!
2015 durfte ich ein neues Entwicklungsteam in Indien für zwei Monate einschulen. Zum Abschluss wurde ich von den Kollegen zum Essen eingeladen. Gepaart mit jugendlichem Übermut und der Annahme, an die Schärfe des Essens gewohnt zu sein, ließ ich mich von den Kollegen zu einem Chili-Wettessen überreden. Dies würde ich der Gesundheit zuliebe nicht noch einmal machen. Aber vielleicht auch deshalb entwickelte sich eine gute Freundschaft und ich bin bis heute mit ihnen in Kontakt.